Frank Schorneck in Macondo, 23/2010, S. 44f

Mörderischer Kreislauf

Zugegeben, Uwe Dursts Debütroman erschien bereits 2007, doch erst die Geschichten, mit denen er in Macondo 21 und 22 vertreten war, haben mich auf den Autor aufmerksam werden lassen. Insgesamt wurde der kleine düstere Roman von der Kritik wenig beachtet. Das mag daran liegen, dass der Text extrem bedeutungsschwanger und mit Metaphern aufgeladen scheint und sich wie ein vertracktes Labyrinth der einfachen Entschlüsselung widersetzt.
Der Beginn scheint noch leicht verständlich: Der Ich-Erzähler, der einen Hausverwalter in seiner Wohnung empfängt, scheint sich verfolgt zu fühlen. Ungeheuer verstecken sich in den Mustern der Tapete, Motten wärmen ihre Bäuche an den warmen Wänden […]. Doch was anfangs durchschaubar erscheint, wird im Verlauf der Geschichte vertrackter. Man muss konsterniert fststellen, dass unterschiedliche Ich-Erzähler die immer gleiche Geschichte von Ehebruch, Wahnsinn und Mord erzählen.
Bei Kindern sehr beliebt sind die als "Wimmelbuch" bezeichneten Bilderbücher, in denen zum Beispiel Stadt- und Straßenszenen in großer Liebe zum Detail abgebildet werden. Das Tableau, das Uwe Durst hier entwirft, ist eine tiefschwarze erwachsene Variante solcher Wimmelbilder – allerdings ausschließlich mit den Mitteln der Sprache.
Hinter grauen Gardinen lauern neugierige Augen, es herrscht eine zwielichtig-verklemmte Geilheit, die sich gewalttätig entlädt. Schmerz und Lust sind anscheinend untrennbar miteinander verknüpft, und in jeder Wohnung, an jeder Staßenecke scheint sich das immer gleiche Schicksal in nur minimalen Differenzierungen zu wiederholen. Ein nichtsahnender Ehemann, ein Kind, das zur falschen Zeit von der Schule kommt, ein Messer, das zur falschen Zeit griffbereit liegt. Die stetig wiederkehrenden Motten, die säuselnden Ventilatoren, die Stimmen, die Hitze tun ein Übriges, eine unheilvolle Atmosphäre entstehen zu lassen.
Die dunkle Herrlichkeit beschreibt eine zutiefst deprimierende Weltsicht, einen tödlichen Kreislauf, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint. Auf stilistisch hohem Niveau und anspielungsreich spricht es allerdings in erster Linie den Kopf des Lesers an. Es fasziniert, wie die Ebenen zueinander in Bezug gebracht werden, ausgeklügelt ineinander greifen.


Wolfgang Gabler in Ostsee-Zeitung Wochenendjournal, 28. April 2007

Und doch ist der aufmerksame Leser wie elektrisiert, denn es geschieht sehr Ungewöhnliches […]. [Aber n]icht so sehr was, sondern wie erzählt wird, macht den entscheidenden Reiz des Textes aus. Der wiederum zeichnet nach, wie Figuren und Erzähler wahrnehmen, und beschreibt das Ineinanderschalten von Beobachtungen aus mehreren Perspektiven, das Verschmelzen von Assoziationen, Traumbildern, Wirklichkeitseindrücken, Fantasieprodukten.


Leipzigs Neue, 1. Juni 2007, S. 11

Der Autor versteht es in eleganter Manier, Figuren zu schaffen, die gleichzeitig rätselhaft und erschreckend begreiflich sind.


Fantasy-Bote, 2007

Der Autor zeichnet eine bedrückende und einengende Atmosphäre, die einem die Luft abschnürt und doch mit seltsamer Faszination zum Weiterlesen zwingt. Die dunkle Herrlichkeit ist ein ungewöhnliches Buch […]. Vom Besuch Georg Schroths bei Herrn Heppler ausgehend, windet sich die Erzählung in kunstvollen Pfaden. Zunächst harmlos scheinende Details gewinnen im Laufe der Geschichte eine tiefere Bedeutung, die sich zu einem zunehmend beunruhigenden Puzzle zusammenfügen. […] Sprachlich auf hohem Niveau verfasst, liest es sich dennoch flüssig.


Franz Schöpf in Fantasia, 210/211 (2007), S. 152

Liebe, Glück oder auch nur Freundschaft sind in diesem Roman unbekannt. Jeder lebt für sich allein. […] Uwe Durst entwirft ein äußerst düsteres Szenario der menschlichen Psyche, eine innere Hölle […].


Peter Schunda in Buchanzeiger, September 2007

'Eine Preziose des suggestiven Erzählens und des phantastischen Weltentwurfs': Die Formel unterschreibe ich gerne. […] Bereits die äußeren Themen und Motive des personenreichen Textes sind ziemlich düster: Bigotterie, Sadomasochismus, Ehehölle, Sexualangst, Amoklauf des gehörnten Ehemanns, Verrücktwerden in großer Einsamkeit, in überheizter Wohnung. [Dies wird noch …] stark intensiviert […] durch einen besonderen fantastischen Dreh, der das geheime Eigentliche des Textes ist: die Topographie des unentrinnbar irrsinnigen Kosmos, den Durst hier entworfen hat […]. Bei aller raffinierten Durchgestaltung ist die Sprache unkompliziert […]. Anschaffen!